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Abstandsflächenwidriger Ersatzbau beeinträchtigt (auch) nachbarliche Belange!

Der Eigentümer eines grenzständigen Schuppens führte an diesem ohne Baugenehmigung Bauarbeiten durch. Daraufhin erging durch die Baubehörde eine Baustilllegungsverfügung und der vom Eigentümer eingereichte Antrag auf Baugenehmigung wurde abgelehnt.

 

Das schließlich eingeschaltete Verwaltungsgericht entschied, dass genehmigungspflichtige Maßnahmen ohne Baugenehmigung durchgeführt wurden und eine Baugenehmigung nicht erteilt werden könnte, da diese im Widerspruch zu den Vorschriften des Abstandsflächenrecht stehen.

Der VGH entschied als Berufungsinstanz nun, dass diese Entscheidung richtig ist.

Es handele sich nicht um genehmigungsfreie Instandhaltungsmaßnahmen und ein Bestandsschutz greife für das Bauwerk damit auch nicht (mehr).

 

Genehmigungsfreie Instandhaltungsmaßnahmen lägen nämlich nur dann vor, wenn es sich um Maßnahmen zur Erhaltung des bestimmunsgemäßen Gebrauchs einer Anlage oder ihrer baulichen Substanz handele, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgegmäß zu beseitigen, ohne die Identität der Anlage einschließlich ihres Nutzungszwecks zu ändern.

Das ist jedoch nicht mehr der Fall, wenn die Baumaßnahmen ihrer Qualität nach so intensiv sind, dass sie die Standfestigkeit der Anlage berühren, sodass eine statische Nachberechnung der gesamten Anlage notwendig werde, oder wenn der Arbeitsaufwand seiner Quantität nach den für eine neue Anlage erreiche oder gar übersteige.

 

Bestandsschutz greift nur dann, wenn eine schutzwürdige legale Eigentumsausübung vorliegt, wobei sich dieser auf die Sicherung des durch die Eigentumsausübung Geschaffenen beschränkt.

Die Neuerrichtung oder Änderung baulicher Anlagen falle im Gegensatz zu bloßen Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen nicht unter einen etwaigen Bestandsschutz.

 

Die Bauarbeiten des Eigentümers sind so intensiv, dass sie eine Neuberechnung der Statik erfordern, sodass nicht mehr lediglich von genehmigungsfreien Instandhaltungsmaßnahmen ausgegangen werden kann, weshalb auch ein Bestandsschutz nicht greift.

 

Da der Schuppen Abstandsflächen auslöse, die auf dem Nachbargrundstück liegen, könne wegen Verstoßes gegen die Vorschriften des Abstandsflächenrechts auch keine Baugenehmigung erteilt werden.

 

 

VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 19.05.2020 – 5 S 437/18